Widerstreit - Austrag und Lösung

Sich widersprechend gegebenen Gesetzen kann man nicht einheitlich für sich und nicht gemeinschaftlich folgen. Die Einzelnen würden sich dann die gerade ihnen genehme Regel aussuchen und letztlich keine der Gebotsregel mehr als bindendes Gesetz achten.

Aus dem Gebot der Einheit in der Grundgesetzgebung zur Errichtung einer Rechtsordnung entspringt zugleich die Pflicht des gesetzesanwendenden Rechts zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung.

Ein Beispiel des Widerstreits im Geltendmachen von allgemeinen Grundsätzen stellen die Antinomien dar, in die eine reine, ohne Sinnlichkeit und Erfahrung schließende Verstandesvernunft gerät und Kant in seiner Kritik der reinen Vernunft entdeckt hat. Hier werden – im Unterschied zur Naturwissenschaft, wo sie ihren Ort der Anwendung haben – logische Regeln von Identität und zu vermeidendem Widerspruch und dem ausgeschlossenen Dritten in Schlüssen auf unbedingte Grundsatzgeltung über Welt, Gott und Freiheit gebraucht, die zu einander ausschließenden Grundsatzgeltungsannahmen führen – und die Vernunft in ihrer dies erkennenden, sich ihrer Aufgabe bewußt werdenden Urteilskraft zur Kritik nötigt, um die antonmie, die Widerstreitgesetzgebung, aufzulösen. Diese gelingt Kant u.a. mit der Unterscheidung von (auf gegebene Gegenstände bezogenen= Verstand, (der an sich praktsichen) Vernunft und (der bedingungsreflexiven) Urteilskraft und einer Erkenntniseinsicht, die das Aufgegebene vom Gegebenen zu unterscheiden lernt.

Die Grundsätze z.B. unseres Grundgesetzes beschreiben keine gegenständlichen oder gegenstandsanalogen Gegebenheiten, sondern sind immer mit der Annahme einer Aufgabe und der Bestimmung eines Auftrags verbunden, dessen Grudn auf die Bedingungen von Person und Freiheit, von sich selbst das Gesetz gebender Rechtsgemeinschaft bezogen ist.

Hier ist also auch die Unterscheidung von Widerspruch (zwischen Sätzen über dasselbe) und Widerstreit (von Gesetzgebungen oder Regelungen von Grundsätzen) zu beachten.

Ein Widerspruch, der sich aus dem Gleichgeltendmachen von kontradiktorischen (durch einfache Negation gebildeten) Entgegensetzungen ergibt, und einem konträren Verhältnis, das sich in einem Dritten vermitteln läßt (wie z.B. dem Verhältnis von Form und Materie, die in jeder Bestimmung eines wahrnehmbaren Gegenstands vereint sind und sowohl eine materielle Bestimmung der Form, wie ein formale Bestimmtheit von (gegenständlicher) Materie zulassen.

Hier wäre eine abstrakte Negation zur Bestimmung ihrers Verhältnisses einfach falsch und führte zur scheinbildenden Verselbständigung – entweder von reinen, für sich existierenden Formen oder zur Unterstellung einer an sich formlosen Materie (hyle), die nachträglich geformt wird, unabhängig davon, wie und welche Formen eine Materie überhaupt annehmen kann. Die Widersprüche, die dann für die Theorie der Erkenntnis von als durch Form und Materie „zusammengesetzt“ gedachten Dingen folgt, führen ihrerseits zur Überwindung dieser als unangemessen erkennbar gewordenen, „abstrakten“ Entgegensetzungen und der Anerkenntnis, dass es sich hier um reflexive Unterscheidungen handelt, die in der (reflexiven) Entgegensetzungen keine realen Elemente bezeichnen.