Die Regel des zu vermeidenden Widerspruchs
Die Regel des zu vermeidenden Widerspruchs ist eine Regel der allgemeinen Logik und begleitet die beiden anderen Grundsätze der Identität und des ausgeschlossenen Dritten.
Es ist eine für unser Gegenstandsbewußtsein in diesem Verbund fundamentale Regel, dass wir etwas als etwas nur identifizieren und als solches wiedererkennen können, wenn wir es als dasselbe von allem zu unterscheiden vermögen, was es nicht ist.
Darum untersagt sich das Gegenstände für die Wissensbildung erkennende Denken, dass es etwas in der selben Hinsicht und am selben Ort und zur selben Zeit einander ausschließende Bestimmungen zuordnen darf. Treten solche Widersprüche in der Theoriebildung für das Gegenstandswissen auf, dann ist eine Umbildung der Aussagen zwingend gefordert.
Eine naturwissenschaftliche Theorie muss widerspruchsfrei sein, die einzelnen Sätze und Gesetze müssen untereinander zusammenstimmen. Tritt ein Widerspruch zwischen ihnen auf, muss die Theorie – die sich auf den denselben Gegenstand bzw. Gegenstandsbereich bezieht – modifiziert werden. Konkurrierende Modelle unterliegen denselben Anforderungen. Dies können wir am Beispiel der Astronomie näher betrachten: Nach Auffassung des ptolemäischen Weltbildes dreht sich (auf Schalen) der Fixsternhimmel kreisförmig um die feste Erde (als Erdscheibe gedacht). Bestimmte Himmelskörper zeigen aber abweichende Bewegungen, laufen – anscheindend manchmal sogar rückwärts. Man hat sie darum „Umherschweifende“ genannt und von „planchtai – umherschweifen“ kamen sie zum Begriff der Planten, durch den sei später von den Sternen unterschieden wurden.
Rein von der Beschreibung dieser von der Erde aus irregulär erscheinenden Bewegungen, die berechenbar, mathematisch fasslich ist, läßt sich noch keine Entscheidung treffen, ob nicht doch eher das kopernikanische Modell der Sonne als Fixstern und der um sie in annähernd eliptischen Bahnen umlaufenden Planeten zutrifft.
Erst wenn die Theorie eine Erklärung nach Masse, Flieh- und Anziehungskräfte einbezieht, läßt sich das ptolemäische Bild nicht mehr halten, da es für die beschreibbaren Schleifen der Planeten keine Erklärung durch Bewegkräfte gibt.
So wird in der Geschichte der Naturwissenschaft der Widerspruch der Modelle unter dem Anspruch einer Theorie, die die Natur nach Gesetzen (der Bewegungen von beobachtbaren Gegenständen) betrachtet, dadurch auflösen, dass die eine sich als sich bewährend durchsetzt, während die andere ein nur phänomenal beschreibendes Recht des Verzeichnens eines Anscheins erhält, wie wir ihn im Alltagsbewußtsein fortpflegen, wenn wir vom Auf- und Untergang der Sonne sprechen und vom Planeten Venus als Morgen- und Abendstern.
Die treibende Kraft eines Widerstreits zwischen Theorieansätzen zu im Grunde denselben Körpern der Natur, bei dem es die Physiker nicht bewenden lassen können, zeigt sich an den noch immer nicht gelungenen Versuchen der Großen Theorie zur Vereinigung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenphysik (Quantenfeldtheorie).